Island. Kirkjufellsfoss

Der Wasserfall Kirkjufellsfoss bildet im Zusammenspiel mit dem Berg Kirkjufell im Hintergrund eines der landschaftlichen Highlights in Island. Die Aufnahme entstand bei Sonnenaufgang im Juni.
Der Wasserfall Kirkjufellsfoss bildet im Zusammenspiel mit dem Berg Kirkjufell im Hintergrund eines der landschaftlichen Highlights in Island. Die Aufnahme entstand bei Sonnenaufgang im Juni. © Holger Rüdel

Der Wasserfall Kirkjufellsfoss und der benachbarte Berg Kirkjufell zählen, einzeln betrachtet, nicht unbedingt zu den landschaftlichen Hot Spots in Island. Wohl deshalb blieben sie lange Zeit weitgehend unbeachtet. Irgendwann allerdings entdeckte ein Fotograf, dass Wasserfall und Berg, in einer einzigen Komposition vereint, ein herausragendes Panorama ergeben können. Seine Aufnahmen wurden vielfach veröffentlicht und machten diese Location bei Grundarfjörður im Westen von Island schlagartig weltbekannt. Eine neue Ikone der Landschaftsfotografie war geboren.

Die Popularität dieses Ensembles der Natur erhielt einen weiteren enormen Aufschub, nachdem der Berg als Kulisse in „Game of Thrones“ auftauchte und der US-amerikanische Naturfotograf Art Wolfe das Motiv als Titelbild für seine 2016 in Schleswig gestartete Retrospektive verwendete. 

Die Magie von Kirkjufellsfoss

Macht es Sinn, sich an bereits tausendfach – und oft hervorragend – abgelichtete Motive heranzutasten? An Naturerlebnisse, die tagsüber von Touristenmassen belagert werden wie beim Kirkjufellsfoss in der Hauptreisezeit? Sicher nicht immer. In diesem Fall bin ich der Magie der Ortes erlegen und habe die Herausforderung angenommen, zumal laut Wettervorhersage Mitte Juni 2019 die Chance bestand, das Panorama von Wasserfall und Berg bei Sonnenaufgang gegen 2:30 Uhr Ortszeit mit leichter Bewölkung und dementsprechend intensiver Färbung des Himmels aufzunehmen. Und das in aller Ruhe ohne Scharen von „Sehleuten“ aus aller Welt als Zuschauer …

Kirkjufellsfoss als „Schule des Sehens“

Es gibt nicht den „einen“ idealen Standort für ein bildwirksames Kirkjufellsfoss-Panorama. Die gestalterischen Möglichkeiten sind vielfältig. Während die meisten Fotografien von einem erhöhten Standort entstehen, habe ich mich für eine tiefe Position am Fuße des Wasserfalls entschieden. So konnte ich die drei Hauptströme des Wasserlaufs in ihrer Ästhetik per Langzeitbelichtung betonen und das Kiesbett als bildwirksamen Vordergrund ins Spiel bringen. In seiner Form korrespondierte das Kiesufer bei meiner Standortwahl mit dem Berg und lenkte so den Blick auf den Hintergrund. Dadurch ergab sich im Sucher eine schlüssige, spannungsvolle Komposition.

Kirkjufellsfoss bei Sonnenaufgang: die Aufnahmepraxis

Soviel zur Theorie. In der Aufnahmepraxis sah das Ganze etwas schwieriger aus, denn der Wind trieb Sprühnebel vom Wasserfall in meine Richtung und sorgte für einen unfreiwilligen Belastungstest von Kamera und Objektiv. Und dann waren die extremen Lichtverhältnisse ins Kalkül zu ziehen: abgrundtiefe Dunkelheit in der Felswand des Wasserfalls und große Helligkeit in Teilen des Himmels.

Ich mag die Fotografie in ihrer puristischen Form. Und ich verzichte, wenn immer möglich, auf Verlaufsfilter und HDR-Technik. So auch hier, denn dank des enormen Dynamikumfangs der Nikon D850 von fast 15 Blendenstufen gelang es, das gesamte Spektrum des Lichtes an diesem frühen Morgen aufzuzeichnen. Das Ergebnis: detaillierte Zeichnung in den dunkelsten Partien des Wasserfalls und eine zarte, konturierte Farbigkeit in den hellsten Bereichen der Bewölkung. 

Übrigens: Die fast unwirklich erscheinenden Farben der Aufnahme sind authentisch und nicht das Produkt einer übermäßigen Sättigung in der Nachbearbeitung.

Aufnahmedaten: Nikon D850 mit AF-S Nikkor 20 mm 1:1,8G ED, Blende 11, 1 Sekunde Belichtungszeit, ISO 31

 

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