Schleswig, 6. Februar 1864

Am 6. Februar 1864 in Schleswig © Stadtmuseum Schleswig
Handschuhmacher Carl Lang am Fenster seines Hauses Friedrichstraße 35 am 6. Februar 1864

Wegen ihrer zentralen Lage im Spannungsfeld zwischen Nord und Süd war die Stadt Schleswig mit ihrem Umland schon immer Schauplatz militärischer Aktionen. Davon zeugen noch heute die Reste des mittelalterlichen Verteidigungswalles Danewerk. Während der Vorbereitung des Deutsch-Dänischen Krieges 1864 wurde das Bollwerk von Dänemark in der trügerischen Hoffnung reaktiviert, den Feind aufhalten zu können.

Abzug des dänischen Heeres 

Als nach Ausbruch des Krieges sichtbar wurde, dass dieser Optimismus unrealistisch war, räumte das dänische Heer die Stellung in der Nacht vom 5. auf den 6. Februar 1864. Erst im Laufe dieses Tages bemerkten die vor dem Danewerk postierten Österreicher, dass sich die dänischen Soldaten unbemerkt aus Schleswig nach Norden zurückgezogen hatten. Einer der Zeitzeugen, der österreichische Generalstabsoffizier Gründorf von Zebegény, notierte in seinen Memoiren: „Die Stadt war erleuchtet und hatte sich festlich auf den Einmarsch vorbereitet. Obwohl es so früh am Morgen war, waren alle auf den Beinen … Viele Mädchen winkten aus den von Wachskerzen erleuchteten Fenstern mit weißen Taschentüchern, während wir langsam durch die Hauptstraße ritten.“ Auch der Schleswiger Maler, Zeichner, Chronist und Fotograf Christian Nikolaus Schnittger überlieferte einen Augenzeugen-Bericht. Plötzlich, heißt es in seinen Lebenserinnerungen, „bot die Stadt einen Anblick dar, wie wir ihn noch niemals gehabt hatten. Aus jedem Hause ohne Ausnahme wehte unsere Trikolore, die wir in 13 ½ Jahren nicht gesehen hatten. Es war fast so, als ob sich auf der offenen Bühne die Szenerie verändert.“

Einmarsch österreichischer Soldaten

Bis vor kurzem galt, dass der „Tag der Befreiung“, wie man den Einmarsch der österreichischen Truppen in Schleswig seinerzeit aus deutsch-nationaler Sicht bezeichnete, nur von Zeichnern, aber nicht von Fotografen dokumentiert wurde. Bei der Sichtung und Erschließung der umfangreichen fotografischen Altbestände des Stadtmuseums für die aktuelle Ausstellung machten wir einen als sensationell zu bezeichnenden Überraschungsfund: Wir entdeckten ein leicht verblichenes Lichtbild auf Albuminpapier, das eine Szene des Geschehens am 6. Februar 1864 zeigt. Abgebildet ist der Handschuhmacher Carl Lang am Fenster seines flaggengeschmückten Hauses Friedrichstraße 35. Die liebevolle Dekorierung des Bildrandes und die Kolorierung der Fahnen belegen, welche große symbolische Bedeutung die Aufnahme für den Fotografen und seinen Auftraggeber hatte.

Dieser Beitrag ist Teil einer Artikelserie über die Ausstellung „Schleswig neu entdeckt!“ im Stadtmuseum (noch bis 13. März 2016) und wurde am 9. Februar 2016 in den „Schleswiger Nachrichten“ veröffentlicht.

 

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