Insel Runde, Anfang Juni 2017. Zusammen mit etlichen Tierfotografen aus aller Welt warte ich an diesem späten Abend auf die Rückkehr der Papageientaucher von ihren Ausflügen über dem Meer. Bis die Seeadler hoch über mir erscheinen …
Das Vogelparadies Runde und die Papageientaucher
Runde ist ein kleines Eiland im Atlantik, das seit Jahren viele Ornithologen und auf Vögel spezialisierte Naturfotografen in den Bann zieht. An der norwegischen Küste südwestlich der Hafenstadt Ålesund gelegen, gilt die Insel als Skandinaviens südlichste Brutkolonie für Seevögel. In den steilen Felsen brüten jedes Jahr gut 170.000 Seevogel-Paare. Nach einer Erhebung der Norsk Ornitologisk Forening aus dem Jahr 1990 wurden auf Runde 221 Vogelarten beobachtet. Davon brüten 77 nachweislich auf der Insel. Am stärksten vertreten mit 100.000 Brutpaaren sind Papageientaucher (Fratercula arctica). Sie sind die eigentlichen “Stars” unter den Vögeln der Insel und die Hauptattraktion für die meisten Besucher und Fotografen, vor allem im Mai und Juni während der Brutzeit der drolligen Tiere. Das ist übrigens die optimale Zeit für ein Papageientaucher-Fotoprojekt, weil die Vögel dann paarweise von ihren Beutezügen über dem Atlantik zu ihren Nisthöhlen an den Steilküsten zurückkehren und sich aus teilweise geringer Distanz ablichten lassen.
Seeadler im spektakulären Luftkampf über Runde
Während ich zusammen mit den Fotografen-Kollegen und schussbereitem Equipment an einer schroffen Felswand auf die flinken Flieger wartete, sah ich hoch über uns zwei andere, viel mächtigere Vögel kreisen: Seeadler! Ja, auch der “König der Lüfte” ist auf Runde vertreten, und zwar mit etwa 20 Brutpaaren. Ich beobachtete den Flug der beiden Greife und erlebte ein spektakuläres Schauspiel: Nach einem zunächst friedlichen Nebeneinander stürzte sich plötzlich einer der Adler in der Luft auf seinen Artgenossen, der sich in Rückenlage gegen diese Attacken zu wehren versuchte. Diese Luftkampf-Szenen wirkten dramatisch und ließen Schlimmes für den angegriffenen Greifvogel befürchten. Ich war deshalb froh, als die beiden Kontrahenten nach einigen Minuten heftigen Gefechtes voneinander abließen und einträchtig nebeneinander davonflogen.
Der bekannte Seeadler-Experte Fred Bollmann, dem ich Bilder aus der Fotoserie zeigte, klärte mich über das Spektakel auf: “Das sind zwei ‘Halbstarke’, höchstens dreijährig. Die proben schon für später. Die Kämpfe sind harmlos und werden eigentlich nur unter Gleichgeschlechtlichen ausgefochten.”
Die Aufnahmen der Seeadler entstanden mit einer Nikon D610 und dem Tamron SP 150-600mm F/5-6.3 Di VC USD, 1/2500 Sekunde, Blende 8, ISO 800 (ISO-Automatik).