Die Geschichte der Jagd ist so alt wie die Menschheit. Früher ausschließlich zum Nahrungserwerb im Kampf um das tägliche Überleben betrieben, wird die Jägerei heute von einem Bündel von Interessen bestimmt.
Hauptmotive, betonen die Jagdverbände, sind die Hege und Pflege unserer Ökosysteme in Wald, Feld und Flur: insbesondere die Regulierung der Wildtierpopulation und damit verbunden der Schutz von Wäldern und Landwirtschaft vor Wildtierverbiss. Die Leidenschaft, in freier Natur dem wohl allen Menschen innewohnenden Jagdtrieb nachzugehen, ist gewiss eine weitere Triebkraft des heutigen Waidwerks. Und natürlich die Aussicht auf selbst erlegtes Wildbret.
Allerdings ist gegenwärtig kaum eine Freizeitaktivität so umstritten wie das Jagdwesen. Während beispielweise die radikale, mitunter militante “Tierrechtsorganisation” PETA unter der Parole „Jagd ist Mord” gar zum völligen Verbot der Hobbyjagd aufruft, argumentieren andere Organisationen in ihrer Kritik am Jägerhandwerk differenzierter. So lehnt etwa der Naturschutzbund Deutschland (NABU) die Jagd zwar nicht prinzipiell ab, fordert jedoch eine “stärkere Ausrichtung an Belangen des Natur- und Tierschutzes”. Dass die Jagd angewandter Naturschutz sei, bestreitet der NABU.
Ich hatte die Gelegenheit, als beobachtender Teilnehmer an einer Bewegungsjagd Ende Dezember 2018 in Schleswig-Holstein ein eigenes Bild von den Menschen, die sich der Pirsch verschrieben haben, und ihren Motiven zu gewinnen. Ist vielleicht an den gängigen (Vor-) Urteilen etwas dran, dass Jäger schießwütig sind, nur darauf bedacht, alles niederzumachen, was ihnen vor die Flinte kommt? Und dass der Naturschutz dafür nur als Vorwand dient? Diese Fragen beschäftigten mich, als ich mich zu nachtschlafender Zeit auf den Weg zum vereinbarten Treffpunkt machte. Ich war selbst auch bewaffnet, aber nur mit einer unscheinbaren Kamera …
Eine Bewegungsjagd ist kein Spaziergang
Nun, die erste Überraschung erlebte ich, als sich die Gruppe der Grünröcke noch in morgendlicher Dunkelheit versammelte: Unter den gut 30 Akteuren waren an die 10 Frauen. Das Jagdwesen, zeigt dieses Beispiel, ist in Deutschland schon längst keine reine Männerdomäne mehr.
Die zweite Erkenntnis: Jagen kann eine bemerkenswerte körperliche Herausforderung bedeuten. Wer beim Gedanken an eine Jagd nur Hochsitze oder Verstecke im Wald vor Augen hat, in denen die Schützen stundenlang recht bequem verharren, hat noch keine Bewegungsjagd erlebt. Dabei werden große Strecken eines Reviers durchstreift und etliche Kilometer zurückgelegt. Nicht selten handelt es sich dabei um schwer zugängliches, dicht bewachsenes und teilweise sumpfiges Gelände, wie ich es Ende 2018 erlebte. Eine Jagd dieser Art erfordert also eine gehörige Portion Fitness.
“Auch wir sind Umweltschützer”, sagen die Jäger
Die Jäger, mit denen ich bei der Pirsch ins Gespräch kam, sind durchaus selbstkritisch. Sie reflektieren ihr Handeln und wägen ab, ob es dem eigenen Kodex einer verantwortungsvollen Betätigung in der Natur entspricht. Dabei erfährt man als Zuhörer, dass der Beitrag der Jägerschaft für die Flora und Fauna breiter ist als weithin bekannt.
So sind es engagierte Jägerinnen und Jäger, die vor der Erntezeit Felder nach Rehkitzen absuchen, um diese vor gefährlichen Schneidwerken zu retten. Praktizierter Schutz für die Tierwelt sind auch Infrastruktur-Maßnahmen der Jägerschaft wie das Anlegen von Wildäckern, Brachflächen, Laichgewässern und Nisthilfen. „Damit fördern wir die Artenvielfalt und helfen bei der Wiederansiedlung bereits verschwundener Arten“, erklärte mein Begleiter. „Es macht mich traurig, dass dieser Teil unserer Umweltschutz-Aktivitäten in der Öffentlichkeit zu wenig wahrgenommen und gewürdigt wird.“
“Manche Menschen vergessen auch”, ergänzte er, “dass angefahrenes Wild nicht von der Polizei, sondern von uns geborgen und bei schwerwiegenden Verletzungen von den Qualen erlöst wird. Diesen Dienst erledigen wir zu jeder Tages- und Nachtzeit.”
Hunde als “Jagdkameraden”
Jagd und Jäger – ein gängiges Feindbild? Spätestens beim Beobachten des liebevollen Verhältnisses zwischen einem Waidmann und seinem Hund wird man ins Grübeln kommen und Vorurteile überdenken. Diese kleine Serie – ungestellt wie alle Aufnahmen meiner Bildreportage – sagt vielleicht mehr als tausend Worte:
Hunde sind übrigens als vierbeinige “Jagdkameraden” unverzichtbar bei einer Bewegungspirsch. „Das funktioniert nur mit ihnen im Team“, formulierte ein Jäger.
Das Halali am Ende der Jagd
Die Bewegungsjagd klang aus mit dem Halali, dem Ende der Pirsch nach uraltem Ritual.
Ich verließ den Schauplatz, eine abgelegene Lichtung im Wald, mit einem neuen, offenen Blick auf das Thema Jagd und Jäger in der heutigen Zeit.
Die Bildreportage entstand mit einer Fujifilm X-Pro2 und den Fujinon-Objektiven XF 16 mm 1:1,4 R WR sowie XF 18-55mm 1:2,8-4 R LM OIS.
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