Jim Brandenburg – Die Kunst der Infrarotfotografie

Long and Winding Road (Selk, Germany, 2011) © Jim Brandenburg

Viele große Fotografen waren oder sind Autodidakten. Auch Jim Brandenburg hat das theoretische und praktische Wissen zur Beherrschung professioneller Aufnahmesysteme selbst erworben. Wie er in einem Interview einmal gestand, fiel ihm dieser Weg nicht leicht. „Draußen in der Natur kamen mir manchmal tatsächlich die Tränen, weil ich nicht wusste, welche Telekonverter, Blenden und Belichtungszeiten ich brauchte“, erinnerte er sich an die Anfangszeit seiner fotografischen Tätigkeit.

Schwarzweiß und Farbe

1961, im Alter von 15 Jahren, machte er seine erste Aufnahme in freier Natur: das Porträt eines Fuchses, den er – für die damalige Zeit selbstverständlich – in Schwarzweiß fotografierte. Der Schwarzweiß-Film war auch sein bevorzugtes Medium in den 1970er Jahren, als er bei der Lokalzeitung „Worthington Daily Globe“ im Süden des US-Bundesstaates Minnesota arbeitete, seinem ersten professionellen Engagement. Während dieser Zeit kam er in Kontakt mit dem berühmten National Geographic Magazine, für das er seitdem ununterbrochen freiberuflich tätig ist – und bei dem er zum reinen Farbfotografen wurde.

Bis 2001 nutzte er – wie fast alle seiner mit Colormaterial arbeitenden Kollegen – Diafilme wie den legendären Kodachrome 64 oder später den Fujichrome Velvia 50 mit seinen plakativen Farben. Im Jahr 2001 wandte sich Brandenburg der Digitalfotografie zu, die ihm große kreative Freiheit brachte und seine Lust zum Experimentieren stimulierte. Und so erfand er schließlich für sich auch die Schwarzweiß-Infrarotfotografie neu – ein Verfahren, das 1910 von dem US-amerikanischen Physiker Robert Williams Wood entdeckt worden war. Die Infrarot-Aufnahmetechnik verleiht Bildern einen mystischen Ausdruck, der vor allem dadurch entsteht, dass Blattgrün weiß und das Blau des Himmels schwarz wiedergegeben werden. Brandenburg faszinierte die märchenhafte Stimmung schwarzweißer Infrarotfotos seit langem, doch die Prozedur im Zeitalter analoger Lichtbilder war aufwendig und zeitraubend.

Die Kunst der Infrarotfotografie im digitalen Zeitalter

Erst die digitale Revolution ermöglichte eine Entfesselung der Infrarotkameras von den Tücken der Technik und forcierte ihren mobilen Einsatz. Dazu bedient sich Jim Brandenburg heute einer speziell für ihn umgebauten digitalen Spiegelreflexkamera von Nikon, aus deren Gehäuse der serienmäßige Infrarot-Sperrfilter vor dem Sensor entfernt und durch einen anderen Filter ersetzt wurde. Seit 2007 arbeitet Brandenburg neben seiner klassischen, farbigen Aufnahmetechnik immer wieder auch auf Infrarotbasis in Schwarzweiß, und er nutzt dieses Medium neuerdings sehr intensiv.

Es ist der große Tonwertumfang dieser Aufnahmen, der ihn reizt und ihn an große Virtuosen der klassischen Schwarzweißfotografie wie Ansel Adams erinnert. „Natürlich“, sagt Jim Brandenburg zur Frage der Authentizität seiner Infrarot-Technik, „könnte ich zum Beispiel über Photoshop mit Konvertierungsfiltern synthetische Infrarot-Bilder von normalen farbigen oder schwarzweißen Aufnahmen erzeugen. Man würde es vielleicht nicht unbedingt sehen. Ich bin aber Purist, und ich will das beste Ergebnis – und ein ehrliches. Deshalb fotografiere ich Infrarot direkt – ohne Wenn und Aber.“

Bei seinem Aufenthalt in Schleswig im Juni 2011 unternahm Jim Brandenburg – auf den Spuren seiner aus dieser Gegend stammenden Vorfahren – Streifzüge mit seiner speziell für ihn als Infrarotkamera umgebauten Nikon D7000. Seine Aufnahmen hat er hier zur exklusiven Veröffentlichung zur Verfügung gestellt. Gern zeige ich an dieser Stelle mit Dank an Jim Brandenburg eine Auswahl seiner spannendsten Motive.

 
Dieser Beitrag wurde am 2. Juli 2011 in gekürzter Form veröffentlicht in: Schleswig-Holstein Journal, Magazin des Schleswig-Holsteinischen Zeitungsverlages, S. 14.

 

 

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