Eine Fahrt auf der Transitstrecke B 5
Dieses Bild ist ein sehr persönliches Motiv, aber im weiteren Sinn auch ein Zeugnis der Spaltung Deutschlands während des Kalten Krieges. Es war ein regnerischer Tag im Mai 1981, als ich auf der Bundesstraße 5 nach einem Besuch in Westberlin zurück nach Schleswig-Holstein fuhr. Die B 5 – in der DDR als Fernverkehrsstraße 5 bezeichnet – war eine Straße wie keine andere: In der Zeit zwischen 1949 und dem 21. Dezember 1987 übernahm sie die Funktion der einzigen Transit-Landstraße durch die DDR zwischen Westdeutschland und Westberlin und konnte auch mit dem Fahrrad befahren werden.
Unendliche Allee
Die Strecke war beliebt und berüchtigt zugleich: Über viele Kilometer bildete sie eine unendlich erscheinende, grandiose Allee, die ihr eine einzigartige Aura verlieh – durch die dicht am Fahrbahnrand stehenden Bäume indes auch ein enormes Gefahrenpotential. Als ich an jenem Maitag die Allee bei Ludwigslust erreichte, rissen die Regenwolken auf. Im direkten Gegenlicht der späten Sonnenstrahlen bildete die B 5 ein fantastisches Motiv.
Natürlich war es streng verboten, beim Transit durch die DDR anzuhalten – egal aus welchem Grund. Ich wollte diesen magischen Moment aber unbedingt im Bild festhalten. So griff ich meine auf dem Beifahrersitz liegende Kamera und fotografierte im Fahren mit der rechten Hand, während ich mit der linken steuerte. Die impressionistische Wirkung des Bildes entstand durch die bewusst eingesetzte Bewegungsunschärfe mittels längerer Belichtungszeit – ein Landschaftsfoto als Zeitdokument.