Das Ende der Fischerei

Ein Symbol für das Ende der Fischerei: ausgemusterte Geräte im Schuppen der Fischergenossenschaft von Aalbæk an der dänischen Ostseeküste. © Holger Rüdel
Ein Symbol für das Ende der Fischerei: ausgemusterte Geräte im Schuppen der Fischergenossenschaft von Aalbæk an der dänischen Ostseeküste. © Holger Rüdel

„Die Ostseefischerei ist tot. Die Fangquoten, die von der EU für 2022 beschlossen wurden, sind der Sargnagel für ein ohnehin schon siechendes Gewerbe“, prophezeite die Bild-Zeitung im Oktober 2021. Hintergrund war die drastische Limitierung der Fangmengen für Hering und Dorsch, die Haupteinnahmequelle für die kleine, handwerklich betriebene Küstenfischerei.

Tatsächlich sind die Folgen für die Fischer verheerend. Nach Angaben der Behörden in Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein wurden zuletzt etwas über 400 Berufsfischer an der Ostsee gezählt. 2010 waren es 650, Anfang der 1990er Jahre mehr als 1300. Beide Länder bieten bereits Abwrackprämien für Fischkutter. Und ganze Fischereigenossenschaften werden abgewickelt.

Christian Ross ist der jüngste unter den Fischern vom Holm in Schleswig an der Schlei. Er fischt am liebsten allein auf dem Kutter "Schle 26" auf der Ostsee. Hier montiert Christian Ross ein neues Schleppnetz am Liegeplatz des Schiffes im Hafen von Kappeln. © Holger Rüdel
Christian Ross ist der jüngste unter den Fischern vom Holm in Schleswig an der Schlei. Er fischt am liebsten allein auf dem Kutter „Schle 26“ auf der Ostsee. Hier montiert Christian Ross ein neues Schleppnetz am Liegeplatz des Schiffes im Hafen von Kappeln. © Holger Rüdel

Der extrem gestiegene Preis für Kraftstoffe im Gefolge des Krieges in der Ukraine hat die Situation weiter verschärft: „Es lohnt sich eigentlich kaum noch, überhaupt auf die Ostsee hinauszufahren“, sagt Christian Ross, der als Mitglied der Holmer Fischerzunft von Kappeln aus mit einem kleinen Kutter küstennahe Fischerei betreibt. „Die Kosten sind jetzt so hoch und die Fänge so gering, dass da unter dem Strich nichts übrig bleibt.“

Bereits im Februar 2020 versammelten sich unzählige Kormorane auf der Möweninsel in der Schlei in Sichtweite der Stadt Schleswig. 2022 ist die Population der schwarzen Vögel nochmals stark gestiegen. © Holger Rüdel
Bereits im Februar 2020 versammelten sich unzählige Kormorane auf der Möweninsel in der Schlei in Sichtweite der Stadt Schleswig. 2022 ist die Population der schwarzen Vögel nochmals stark gestiegen. © Holger Rüdel

Tausende Kormorane – das Ende der Fischerei an der Schlei?

Für die Schlei gelten die Ostsee-Fangquoten zwar nicht. Aber die Fischer vom Holm in Schleswig und ihre Kollegen in Arnis und Kappeln haben mit einem anderen Problem zu kämpfen: Sie verzweifeln an den Kormoranen, die ihnen die Fische wegfressen. Waren es vor zwei, drei Jahren noch geschätzt einige tausend Exemplare der schwarzen Vögel, die im zeitigen Frühjahr Station an der Schlei machten, so sind es derzeit bis zu 18.000 Vertreter der „schwarzen Pest“, wie die Fischer ihre gefiederten Konkurrenten nicht eben liebevoll nennen.

Fischermeister Jörn Ross beim Einholen eines Wadennetzes auf der Kleinen Breite der Schlei. © Holger Rüdel
Fischermeister Jörn Ross beim Einholen eines Wadennetzes auf der Kleinen Breite der Schlei. © Holger Rüdel

„Kormorane sind das Hauptproblem für die Fischerei an der Schlei“, erklärte Jörn Ross, der Ältermann der Holmer Fischerzunft, in einem Gespräch mit den „Schleswiger Nachrichten“. „Die müssen eine Art Echolot oder Radar haben. Die wissen immer ganz genau, wo es gerade Fisch gibt.“ Und er ergänzte: „Es gibt in der Schlei so gut wie keinen Süßwasserfisch mehr. Keinen Zander, keinen Hecht, keine Brassen, keine Plötze. Wir haben mehr oder weniger resigniert.“

Zeitenwende

„Eine Zeitenwende steht bevor: In wenigen Jahren wird es womöglich keine aktiven Berufsfischer mehr in Schleswig und an der Schlei geben“, hatte ich im Konzept meiner Bildreportage über die letzten Fischer vom Holm formuliert.

Jetzt – so ist zu befürchten – sind es nicht mehr einige Jahre, sondern nur noch Monate.


Die Aufnahmen in diesem Beitrag entstanden mit folgenden Geräten: Nikon Z 7 (Aalbæk), Fujifilm X-Pro2 (Fischer Christian und Jörn Ross) sowie Hasselblad L1D-20c (DJI Mavic 2 Pro).

 

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