„Der Beruf des Fischers ist ein freier und schöner“, schrieb ein Chronist 1935, „denn sein Arbeitsfeld ist die weit ausgedehnte herrliche Schlei mit ihren abwechslungsreichen Ufern, Buchten und Nooren.“
Die Wirklichkeit war – und ist – allerdings weniger romantisch, als es hier formuliert wurde.
Natürlich: Es gibt Momente, da präsentieren sich dem Auge eines Schleifischers die schönsten Lichtstimmungen und Naturerlebnisse. Doch meistens bleibt keine Zeit, solche Impressionen zu genießen. Das Steuern des Bootes und der Fischfang erfordern höchste Konzentration.
Nässe und Kälte statt Fischerromantik
Und dann sind da die vielen Tage, an denen ein Fischer mit den Unbilden der Witterung kämpfen muss: mit Wind, Regen, Schnee und Frost. So wie am 14. November 2019, als ich frühmorgens vor Sonnenaufgang in das Boot von Matthias „Ducki“ Nanz am Liegeplatz in Missunde steige. Die Temperatur liegt kaum über dem Gefrierpunkt, und die Kälte scheint uns förmlich unter die Haut zu kriechen. Von Fischerromantik keine Spur.
Das Zielgebiet dieser spätherbstlichen Fangfahrt ist die Große Breite der Schlei, wo Matthias Nanz seine Netze ausgelegt hat. Es sind Netze mit einer Maschenweite, die zum Fang von Flundern – von den Fischern Struvbutt genannt – optimiert ist. Plattfische sind in dieser Jahreszeit für den Schleswiger Fischwirtschaftsmeister der Haupt-Beutefisch auf der Großen Breite.
Thema Wasserqualität
Ohne motorische Hilfe, nur mit seiner Muskelkraft, holt der Fischer ein Buttnetz nach dem anderen ein. In manchen Netzen zappeln nur ein paar maßige Flundern, andere sind leer oder enthalten lediglich untermaßige Plattfische. „Hängt das mit der Wasserqualität der Schlei, genauer gesagt der Überdüngung, zusammen?“ frage ich Matthias Nanz angesichts der überschaubaren Ausbeute an diesem Morgen. „Ja, genau das ist für uns Schleifischer neben den vielen Kormoranen das Hauptproblem. Und es passiert zu wenig, um das zu stoppen. Zum Beispiel fließt über die Vorfluter noch immer Gülle aus der Landwirtschaft in die Schlei und belastet das Wasser. Da sind wir Schleifischer die Leidtragenden.“
Rippenquallen und Schwarzmundgrundeln
„Und dann“, ergänzt er, „haben wir noch mit invasiven Arten zu kämpfen. Im September hatten wir die Rippenquallen-Pest, da war an Fischen nicht zu denken. Seit fünf Jahren gibt es einen weiteren Gegner unter Wasser, das sind die Schwarzmundgrundeln.“
Die Schwarzmundgrundel stammt ursprünglich aus dem Schwarzen, Kaspischen und Asowschen Meer sowie den Unterläufen dort einmündender Flüsse. Sie konnte als blinder Passagier im Ballastwasser von Schiffen oder am Schiffsrumpf in neue Regionen vordringen. Ende der 1990er Jahre wurde sie erstmals in der deutschen Ostsee nachgewiesen. Seitdem breitet sich diese extrem invasive Fischart explosionsartig in Nord- und Ostsee sowie den verbundenen Gewässern aus. Schwarzmundgrundeln treten gegenüber vielen heimischen Arten als Nahrungs- und Raumkonkurrent auf und bedrohen damit deren Existenz – auch in der Schlei.
Keine Frage: Das Leben eines Schleifischers ist hart und entbehrungsreich.
Nach dem Tod seines Vaters Adolf „Addelei“ Nanz Anfang dieses Jahres ist Matthias der letzte Vertreter einer der traditionsreichsten Fischerfamilien auf dem Holm in Schleswig.
Er wird diese Tradition fortsetzen.
Die Aufnahmen entstanden mit einer Fujifilm X-Pro2 und einer Hasselblad L1D-20c (DJI Mavic 2 Pro).
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