Der Holm, die alte Fischersiedlung im Osten von Schleswig: Nahezu kreisrund gruppieren sich die eingeschossigen Häuser mit ihren “Klöndören” um den lindenumsäumten Friedhof. Dieser Begräbnisplatz bildet nicht nur geographisch das Zentrum des Holms. Vielmehr ist hier, am Ufer der Schlei, das ganze Leben auf den Friedhof mit seiner kleinen Kapelle ausgerichtet.
Die Holmer Beliebung – eine solidarische Gemeinschaft mit langer Tradition
Der Beerdigungsplatz gehört der Holmer Beliebung, einer im Jahr 1650 gegründeten Totengilde. Ihre Mitglieder verpflichteten sich damals, “beieinander im Leben und Sterben zu stehen und sich in Not und Tod, sowohl in Pest- als gesunden Zeiten, nicht zu verlassen”. Diese Solidargemeinschaft vermochte alle Stürme der Zeit zu überdauern. Es gibt heute keinen Holmer, der nicht Mitglied der Beliebung wäre.
Trauer und Freude liegen auf dem Holm so eng beieinander wie wohl nirgendwo sonst: Einmal im Jahr, genau 14 Tage nach Pfingsten, wird das Fest der Beliebung gefeiert. Das Programm reicht von der ernsten Totenehrung am Friedhof bis zum feucht-fröhlichen Ball, bei dem die Paare wie vor Jahrhunderten Figaro, Vogelfänger, Menuett, Fürstenauer und Tiroler Walzer tanzen.
Und jedes Jahr endet der Beliebungsball um Mitternacht mit einer bedeutenden Zeremonie – dem Wechsel an der Spitze der Beliebung. Dann nämlich übergibt der amtierende 1. Ältermann die silberne Amtskette an seinen Nachfolger. Und dieser dann ein Jahr später ebenfalls an einen neuen 1. Ältermann. Nicht eine Wahl, auch nicht die Qualifikation entscheidet dabei über die “Beförderung”, sondern allein das strikte Altersprinzip, das Datum des Eintritts in die Totengilde.
Die Zeit, so könnte man bei diesen althergebrachten Strukturen vermuten, scheint auf dem Holm stehengeblieben zu sein.
Kein Beliebungsfest im Jahr der COVID-19-Pandemie
Doch 2020, im Jahr der COVID-19-Pandemie, ist alles anders. Wegen der behördlichen Auflagen musste das Beliebungsfest abgesagt werden – zum ersten Mal in der langen Geschichte der Totengilde. Und so kam es auch nicht zu der geplanten Übergabe der Amtskette an Fischermeister Matthias “Ducki” Nanz als neuen 1. Ältermann. Der 1. Ältermann Kai-Uwe Schleimer bleibt damit ein zweites Jahr – bis Juni 2021 – in seinem Amt.
Immerhin gelang es dem Vorstand der Beliebung, eine Genehmigung für die traditionelle Totenehrung mit Kranzniederlegung auf dem Friedhof zu erwirken – im kleinen Kreis und mit einer Andacht durch Pastor Michael Dübbers.
Das Corona-Jahr 2020 wird deshalb nicht gänzlich als unbeschriebenes Blatt in die Annalen der Holmer Beliebung eingehen.
Die Aufnahmen entstanden im Rahmen der Bildreportage “Zeitenwende. Die Fischer vom Holm in Schleswig an der Schlei”. Jan Philipp Albrecht, der Umwelt- und Fischereiminister des Landes Schleswig-Holstein, ist Schirmherr dieses Projektes, das 2021 in zwei Ausstellungen gezeigt wird.